FAQ - Die häufigsten Fragen zum Thema Versammlungsrecht und Demonstrationen
In Kandel finden wiederkehrend insbesondere in der Innenstadt Demonstrationen statt. Dabei kollidieren verschiedene Grundrechte oder stehen sich unterschiedliche Interessenslagen gegenüber. Das führt verständlicherweise zu Unmut, Ärger und Fragen, aber auch zu Missverständnissen.
Hier finden Sie Antworten zu den Fragen, die am häufigsten an die Kreisverwaltung gestellt werden.
Was ist eine Versammlung?
Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht.
Eine Versammlung ist eine örtliche Zusammenkunft von mindestens zwei Personen, die gemeinschaftlich etwas erörtern oder kundgeben wollen, und dabei an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirken möchten. Eine Versammlung ist öffentlich, wenn die Teilnahme nicht auf einen bestimmten Personenkreis beschränkt ist.
Was ist ein Aufzug?
Für viele Demonstrationen werden zusätzlich zu Kundgebungen an einem festen Standort auch sog. Aufzüge angemeldet. In einem Aufzug läuft die Gruppe der Demonstranten eine festgelegte Strecke, häufig mit Bannern, Fahnen etc. und tun in Sprechchören ihr Anliegen/ihren Versammlungsgrund kund.
Wer darf demonstrieren?
„Jedermann hat das Recht, öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen teilzunehmen“ heißt es in § 1 des Versammlungsgesetzes.
Jeder hat grundsätzlich das Recht, sich zu versammeln und seine Meinung zu äußern. Dieses Recht hat nicht, wer eine Versammlung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht hat oder mit einer Versammlung eine für verfassungswidrig erklärte Partei oder Organisation fördern will.
Eine für verfassungswidrig erklärte Partei oder eine Vereinigung, die nach Artikel 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verboten ist, darf keine Versammlung durchführen.
Wie wird eine Versammlung angemeldet?
Eine Versammlung wird lediglich bei der Versammlungsbehörde (Kreisverwaltung) angemeldet.
Versammlungen müssen nicht genehmigt werden. Die Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, für dessen Ausübung keine Erlaubnis erteilt werden muss.
Obwohl Versammlungen nicht genehmigt werden müssen, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass eine Versammlung unter freiem Himmel spätestens 48 Stunden vor Bekanntgabe der Versammlung – nicht zu verwechseln mit dem Versammlungsbeginn – angezeigt werden muss.
Eine frühzeitige Anzeige – mindestens eine Woche vor der Bekanntgabe der Versammlung – ist empfehlenswert. Dadurch wir die Behörde in die Lage versetzt, Auflagen im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu prüfen und vor einer Versammlung zu erlassen. Die nötige Gefahrenprognose obliegt der Kreisverwaltung als Versammlungsbehörde. Dabei bedient sich die Kreisverwaltung des Sachverstandes der Polizei. Die Leitung des Polizeieinsatzes am Tag der Versammlung/en obliegt der Polizei.
Sie wollen eine Versammlung anmelden? Hier kommen Sie zum Anmeldeformular.
Was ist eine Eilversammlung und was eine Spontanversammlung?
Wird eine Versammlung kurzfristig geplant, weil es einen aktuellen Anlass dazu gibt, spricht man von einer Eilversammlung. Diese muss unverzüglich, spätestens bei der Bekanntgabe, angezeigt werden. Für Eilversammlungen gilt somit auch eine Anzeigepflicht. Dabei darf die 48-Stunden-Frist aus nachweislichem Grund unterschritten werden.
Eine Spontanversammlung liegt vor, wenn sich die Versammlung aus einem unmittelbaren Anlass ungeplant und ohne Veranstalter entwickelt. Dann entfällt die Anzeigepflicht gänzlich. Eine Bekanntmachung der Versammlung beispielsweise durch Flyer oder über das Internet deutet darauf hin, dass es sich nicht um eine Spontanversammlung handelt.
Wer
entscheidet darüber, ob eine Versammlung stattfindet?
Die
Versammlungsfreiheit ist ein Grundrecht, für dessen Ausübung keine Erlaubnis
erteilt werden muss. Das Versammlungsgesetz sieht keine Genehmigung für
Versammlungen unter freiem Himmel vor. Wer eine Versammlung unter freiem Himmel
oder einen Aufzug veranstalten möchte, muss dies lediglich bei der zuständigen
Behörde anmelden.
Letztlich entscheiden in Rheinland-Pfalz die Versammlungsbehörden darüber, wie eine Versammlung stattfindet. Vorrangiges Ziel dabei ist es, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten und trotzdem den Versammlungsteilnehmern ihr Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu gewähren.
Wer
entscheidet darüber, wann und wo demonstriert werden darf?
Es
steht dem Veranstalter einer Versammlung frei, wo er seine Versammlung im
öffentlichen Raum anmeldet. Auf Grundlage der Anmeldung prüft die
Versammlungsbehörde, ob bestimmte Gründe dem ausgewählten Versammlungsort
entgegenstehen. Wenn für die Behörde erkennbar ist, dass durch die Versammlung
die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet ist, kann sie die
Versammlung beschränken oder verbieten.
Können
Auflagen, Verbote, Einschränkungen etc. erteilt bzw. bestimmt werden?
Die
Versammlungsbehörde kann das Versammlungsrecht einschränken, muss dabei aber
immer das mildeste Mittel wählen. Verbot oder Auflage sind nur möglich, wenn zum Zeitpunkt einer entsprechenden Verfügung
klar zu erkennen ist, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch diese
Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Es müssen konkrete und nachvollziehbare
tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Bloße Vermutungen und Befürchtungen
reichen nicht aus.
Behörde und Anmeldende sollen nach Versammlungsrecht und einschlägiger Rechtsprechung miteinander kooperieren. In den hierzu stattfindenden Kooperationsgesprächen weist die Versammlungsbehörde auf unterschiedliche Interessenlagen hin und sucht mit den Beteiligten nach Lösungen, um einen möglichst störungsfreien Verlauf zu gewährleisten. Es soll dabei ein Kompromiss gefunden werden, der allen Interessen/Beteiligten gerecht wird. Es ist dabei das Recht auf Durchführung einer Versammlung sowie das Recht auf Durchführung einer Gegen-Versammlung mit dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Ausgleich zu bringen.
Kann eine Versammlung verboten werden?
Nur wenn für die Behörde erkennbar ist, dass durch die Versammlung die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet ist, kann sie die Versammlung verbieten. Das Verbot einer Versammlung ist somit nur unter engsten Voraussetzungen zulässig, denn ein Verbot muss immer das letzte Mittel bleiben (ultima ratio).
Bloße Störungen oder befürchtete Übergriffe genügen für behördliche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu entschieden, dass Beeinträchtigungen, die typischerweise mit der Massenhaftigkeit der Ausübung der Versammlungsfreiheit einhergehen, von der Allgemeinheit ertragen werden müssen.
Warum finden Versammlungen immer wieder an denselben Plätzen statt?
Um am öffentlichen Meinungsbild mitzuwirken, wählen viele Versammlungsleiter bekannte und stark genutzte öffentliche Plätze und Flächen, um ihre Meinung kund zu tun. Darüber hinaus werden bekannte Plätze genutzt, wenn sie einen thematischen Bezug aufweisen.
Was
ist, wenn mehrere Versammlungen zur gleichen Zeit am gleichen Ort
angemeldet werden?
Aufgabe der Versammlungsbehörde ist es, grundsätzlich die Ausübung der Versammlungsfreiheit zu ermöglichen. Daher wird zunächst im Rahmen von Kooperationsgesprächen nach einer einvernehmlichen Lösung mit den Anmeldern gesucht. Kommt es zu keinem Kompromiss, trifft die Versammlungsbehörde im Rahmen eines Interessenausgleichs eine Entscheidung. Dieser ist abhängig von verschiedenen Komponenten, wie Platzbedarf, Teilnehmerprognose, Ausgewogenheit der bisherigen Anzahl der Platznutzung durch den jeweiligen Anmelder und Motivation sowie Hintergrund der Versammlung. Ziel ist es, den verschiedenen betroffenen Interessen unter Berücksichtigung ihres verfassungsrechtlichen Rangs Geltung zu verschaffen (Herstellung praktischer Konkordanz).
Was
sind Kooperationsgespräche?
Kooperationsgespräche
finden im Vorfeld einer Versammlung statt. Die Versammlungsbehörde lädt alle
Beteiligten z.B. die anmeldenden Personen, die Polizei oder sonstige
Interessenvertreter zu einem gemeinsamen Gespräch ein, bei dem organisatorische
und sicherheitsrelevante Fragen geklärt werden sollen. Die Versammlungsbehörde weist
auf unterschiedliche Interessenlagen hin und sucht mit den Beteiligten nach
Lösungen, um einen möglichst störungsfreien Verlauf zu gewährleisten. Es soll
dabei ein Kompromiss gefunden werden, der allen Interessen/Beteiligten gerecht
wird. Es ist dabei das Recht auf Durchführung einer Versammlung sowie das Recht
auf Durchführung einer Gegen-Versammlung mit dem Schutz der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung in Ausgleich zu bringen.
Warum muss ich Lärm und Verkehrsbehinderungen aufgrund von Versammlungen hinnehmen?
Im Vorfeld jeder Versammlung prüfen die Behörden, welche Einschränken aufgrund der Versammlung eintreten werden und in welchem Maß diese hinnehmbar sind. Da das Versammlungsrecht ein Grundrecht ist, genießt es einen sehr hohen verfassungsrechtlichen Rang. Auf gleichem Rang steht bspw. die Religionsausübung. Soll eine Versammlung z. B. direkt neben einer Kirche stattfinden, muss bei der Wahl des konkreten Ortes, der Zeit sowie der Kundgebungsmittel beachtet werden, dass der Gottesdienst nicht gestört wird. Bloße Verkehrsstörungen allerdings müssen in der Regel hingenommen werden.
Kosten und Gebühren
Eine versammlungsrechtliche Entscheidung
ergeht gebührenfrei.
Hier finden Sie das Gesetz über Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsgesetz)
„Jedermann hat das Recht, öffentliche
Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und an solchen Veranstaltungen
teilzunehmen“ (§ 1).
Abschnitt III behandelt das Thema „Öffentliche
Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge“ (§§ 14 – 20)
Pressemitteilung vom 27. April 2018