22.11.2022 - Drohneneinheit liefert Bilder für genauen
Lageüberblick
Es knallt, in einer Biogasanlage kommt es zu einer Verpuffung. Brennbares, explosives Methangas entweicht unkontrolliert, Arbeiter werden verletzt, ein dort spielendes Kind muss gerettet werden. Ob die Gärreste, die zum Zeitpunkt der Verpuffung gerade umgeladen wurde, infektiös sind, ist unklar. Was nach einem schweren Unfall klingt, war am letzten Wochenende doch „nur“ eine große Übung für den Gefahrstoffzug des Landkreises, Menschen kamen nicht zu Schaden. „Die Übung war so komplex konzipiert, dass die eingesetzten Kräfte und die Technik maximal gefordert wurde“, berichtet Landrat Dr. Fritz Brechtel, der den Übungseinsatz begleitet. Mit großem Respekt verfolgte er den schwierigen Einsatz. „Aber wir haben gut ausgebildete Leute und eine hervorragende technische Ausstattung, sodass das Zusammenspiel der verschiedenen Einheiten geradezu optimal verlief“, so der Kreischef.
Als erster
vor Ort war die Feuerwehr aus Steinweiler. Umgehend alarmierte der anrückende
Einsatzleiter, Thorsten Drieß, den Gefahrstoffzug des Landkreises, der für die
Beseitigung von CBRN-Gefahren (chemisch, biologisch, radio-nuklear) bestens
ausgerüstet ist. Der Gefahrstoffzug besteht aus einer Meßkomponente
(Gerätewagen Messtechnik, stationiert in Wörth), zwei Gefahrenabwehrkomponenten
(Gerätewagen Gefahrgut, stationiert in Germersheim und Kandel), einer
Dekontaminationskomponente (Gerätewagen Dekontamination-Personen, stationiert
in Kandel) sowie der Atemschutzkomponente (stationiert in Rülzheim). „Die
Organisation des Gefahrstoffzuges im Landkreis Germersheim ist dezentral. Die
Fahrzeuge werden von den jeweiligen Feuerwehren, bei denen sie stationiert
sind, betreut. Deshalb müssen alle Feuerwehren gut, Hand in Hand
zusammenarbeiten“, erläuterte Lutz Kolbow, Führer des Gefahrstoffzugs.
Die Überwachung der eingesetzten Atemschutzgeräteträger und die Lage des Übungsszenarios auf dem Gelände der Biogasanlage der Firma Wagner GmbH in Steinweiler war schwer zu überschauen. „Deshalb haben wir die Drohnenstaffel des Landkreises alarmiert. Sie lieferte uns wertvolle Bilder“, berichtete Thorsten Drieß von der Einsatzleitung.
Menschenrettung
ist die wichtigste Aufgabe der Feuerwehr. Während das unter Atemschutz in der
Schutzkleidung für den Brandeinsatz geschieht, werden die fachspezifischen Maßnahmen
wie Abdichten, Messen oder Probenahme je nach Situation unter gasdichten
Chemikalienschutzanzügen durchgeführt. „Das bedeutet für die Einsatzkräfte eine
zusätzliche enorme Anstrengung und Belastung“, so Alexander Ditz Wehrleiter der
VG Kandel. Der komplette Gefahrstoffzug war eingebunden, alle Komponenten und
die Unterstützung der örtlichen Feuerwehr wurden benötigt. „Es ging ans
Eingemachte, unsere Leute wurde wirklich gefordert. So wurde beispielsweise
auch unserem Fachberater Chemie und dem Unterabschnitt Messen durch
umfangreiche Probenahme- und Stoffbestimmungsaufgaben auf den Zahn gefühlt. Der
Fachberater B (Biologische Gefahren) beriet die Dekontaminationseinheit in
Bezug auf die Desinfektion der Kräfte und koordinierte die B-Probenahme“, führte
Alexander Ditz aus.
Landrat Dr. Fritz Brechtel zog nach Übungsende eine positive Bilanz und hob das geordnete und präzise Vorgehen der Einsatzkräfte hervor. Auch zahlreiche weitere Beobachter zeigten sich beeindruckt und zufrieden mit dem Verlauf und dem Engagement der vielen Ehrenamtlichen.
Wehrleiter Alexander Ditz dankte Florian Wagner, der als Vertreter der Betreibergesellschaft die Organisation und das Stattfinden der Übung ermöglichte und zusätzlich massiv unterstützte, für die hervorragende Zusammenarbeit.
Hintergrund
Die Biogasanlage der Firma Wagner erzeugt alltagstauglich saubere regenerative Energie. Sie kann Strom für 2000 Haushalte à 4 Personen produzieren. Die Stromeinspeisung ist zudem adaptiv möglich, so dass der Anlage eine wesentliche Funktion zur Komplementierung von Photovoltaik und Windkraftanlagen zukommt. Die Anlage trägt maßgeblich zur regionalen Energiesicherheit bei. Während die zum Betrieb einer Biogasanlage benötigten Ausgangsstoffe Feldfrüchte sind und die Endprodukte (Gärreste) wertvollen Dünger für die Feldbewirtschaftung liefern – der ökologische Kreislauf also geschlossen ist – entstehen beim Gärprozess neben dem als Biogas begehrten Methan auch Nebenprodukte wie Schwefelwasserstoff und Ammoniak (aus dem in Pflanzeneiweißen gebundenen Schwefel sowie Stickstoff).