Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
Bereits im Juni 2013 haben der Rat der Europäischen Union und das
Europäische Parlament eine politische Einigung über den Mehrjährigen
Finanzrahmen erzielt und damit die entsprechenden Schlussfolgerungen des
Europäischen Rates vom 8. Februar 2013 bestätigt. Damit wurden auch die
finanziellen Rahmenbedingungen für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik
(GAP) definiert.
Die für Deutschland verfügbaren Mittel für Direktzahlungen in der so genannten
ersten Säule der GAP werden – ohne Berücksichtigung der nationalen
Entscheidungen zur Umschichtung von Mitteln in die zweite Säule der GAP
(Förderung der ländlichen Entwicklung) – bis zum Jahr 2020 insgesamt moderat
gekürzt (rund 7,7 % im Vergleich zum Jahr 2013). Dies resultiert aus einer
allgemeinen Kürzung des EU-Haushalts im Bereich der Direktzahlungen sowie einer
begrenzten Umverteilung von Direktzahlungsmitteln zu Gunsten der neuen
Mitgliedstaaten, die schrittweise über sechs Jahre erfolgt. Die Kürzung der
EU-Mittel für die ländliche Entwicklung aus dem Europäischen
Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), der so
genannten zweiten Säule der GAP, beläuft sich auf rund 9 % für die
Förderperiode 2014 – 2020 (im Vergleich zur Förderperiode 2007 – 2013).
Gemessen an verschiedenen Kürzungsszenarien verbleibt für die
landwirtschaftlichen Betriebe und für den ländlichen Raum in Deutschland und
EU-weit weiterhin eine starke erste Säule und eine finanziell gut ausgestattete
zweite Säule der GAP.
Die im Dezember 2013 im Amtsblatt der EU veröffentlichten Verordnungen mit den
Beschlüssen zur Reform der GAP wurden erstmals nach dem im Vertrag von Lissabon
für diesen Bereich der GAP neu vorgesehenen Mitentscheidungsverfahren in
gemeinsamer Entscheidung durch den Rat und das Europäische beschlossen. Der mit
der Agrarreform von 1992, der Agenda 2000 sowie mit der 2003 beschlossenen
Reform vorgenommene Richtungswechsel in der Agrarpolitik wird fortgesetzt. Ziel
der Neuausrichtung der GAP ist ein nachhaltiger, produktiver und
wettbewerbsfähiger Agrarsektor, der einen spürbaren Beitrag zu der Strategie
"Europa 2020" sowie zur Bewältigung weiterer politischer
Herausforderungen wie den Klimawandel, der Versorgungssicherheit bei Nahrung,
Energie und Industrierohstoffen, Umwelt und Biodiversität, Gesundheit und dem
demografischen Wandel in der EU leistet.
Kernelemente der Reform der GAP aus dem Jahr 2013 sind
· grundsätzlich von der landwirtschaftlichen Produktion entkoppelte, flächenbezogene Direktzahlungen an die landwirtschaftlichen Betriebsinhaber, wobei den Mitgliedstaaten jedoch die Möglichkeit von gekoppelten Stützungen in bestimmten Fällen und in begrenztem Umfang eingeräumt wird;
·
das so genannte Greening, das die Landwirte verpflichtet,
- Höchstanteile bei den Anbaukulturen einzuhalten;
- Dauergrünland zu erhalten und
- mindestens 5 % ihrer Ackerflächen als ökologische Vorrangflächen bereit zu
stellen und auf diesen dem Klima- und Umweltschutz besonders förderliche
Landbewirtschaftungsmethoden anzuwenden;
· Anreize und Rahmenbedingungen für eine weitere Marktorientierung und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft;
· eine Weiterentwicklung der Förderung zur Entwicklung des Ländlichen Raumes durch Fokussierung auf Prioritäten und Querschnittsziele der Strategie Europa 2020.
Die Beschlüsse sind nicht zuletzt eine Reaktion auf die sich stetig ändernden Rahmenbedingungen und übergeordneten Zielsetzungen, denen die Gemeinsame Agrarpolitik in der Europäischen Union gerecht zu werden versucht. Dazu gehören etwa
· die fortschreitende Angleichung der Lebens- und Wirtschaftsbedingungen in den zuletzt beigetretenen mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten;
· die Globalisierung und Ausweitung des internationalen Agrarhandels, die sich zum Beispiel in steigender Volatilität der Preise von Agrarerzeugnissen äußert;
· die wachsenden gesellschaftlichen Anforderungen im Hinblick auf eine nachhaltige, umweltverträgliche und tierschutzgerechte Landwirtschaft;
· die erforderliche stärkere Orientierung von Zahlungen an den von der Gesellschaft erwarteten Leistungen.
Ein weiteres Kennzeichen dieser Reform ist, dass der Spielraum, den die Mitgliedstaaten bei der nationalen Umsetzung der Beschlüsse erhalten haben, nochmals erheblich ausgeweitet wurde. Vor allem bei den Direktzahlungen bestehen zahlreiche Umsetzungsvarianten. Die den Mitgliedstaaten hier zugestandene Flexibilität soll ihnen die Möglichkeit geben, nationale oder regionale Besonderheiten besser berücksichtigen zu können.
Weitere Informationen zu den einzelnen Förder- und Beihilfemöglichkeiten finden Sie in den Seitenboxen links.
Im Folgenden werden die wesentlichen Änderungen im Überblick dargestellt:
Von der Produktion
entkoppelte flächenbezogene Direktzahlungen bleiben das zentrale Element der
ersten Säule der GAP zur Unterstützung der Betriebe und zur Erhaltung des
Europäischen Landwirtschaftsmodells. Gekoppelte Direktzahlungen stehen den
Mitgliedstaaten weiterhin optional in begrenztem Umfang zur Verfügung.
Wesentliche Neuerung ist die Verknüpfung der Direktzahlungen mit der Erbringung
von konkreten Leistungen für den Klima- und Umweltschutz durch die so genannte
Greening-Prämie. Neu eingeführt wird auch eine Zahlung für Junglandwirte.
Das System der Cross
Compliance (CC), die den Erhalt von Direktzahlungen an die Einhaltung von
EU-rechtlichen Standards in den Bereichen des Umwelt- und Naturschutzes, der
Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, der Tiergesundheit und des
Tierschutzes sowie die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichem und
ökologischem Zustand knüpft, wird weiterentwickelt. Ab dem Jahr 2015 werden die
Klärschlamm-Richtlinie sowie drei Richtlinien zur Tierseuchenbekämpfung aus den
Grundanforderungen an die Betriebsführung herausgenommen. Anstelle des
CC-Standards zur Humusbilanz beziehungsweise Fruchtfolgegestaltung gilt ab 2015
eine Verpflichtung zur Anbaudiversifizierung im Ackerbau im Rahmen des
Greening. Ebenso werden die Verpflichtungen zur Erhaltung des Dauergrünlands im
Rahmen des Greening weiter entwickelt. Die Standards zum Erhalt der Flächen in
gutem landwirtschaftlichem und ökologischem Zustand (GLÖZ) werden durch weitere
Verpflichtungen, insbesondere um Vorschriften zur Begrünung von aus der
Produktion genommenen Ackerflächen sowie einem Verbot, Hecken und Bäume während
der Brut- und Nistzeit zu schneiden, ergänzt.
Für Krisen im
Agrarsektor wird auf EU-Ebene eine Reserve eingerichtet, die von anfänglich 424
auf 474 Mio. Euro im Jahr 2020 ansteigt. Sie gewährt im Krisenfall eine
zusätzliche Unterstützung, wenn die verfügbaren Haushaltsmittel zur Bewältigung
der Krise nicht ausreichen. Sie wird gespeist, indem die Direktzahlungen der
Landwirte, die mehr als 2.000 Euro Direktzahlungen erhalten, zu Beginn jedes
Haushaltsjahres gekürzt werden. Die nicht verwendeten Beträge werden den
Empfängern von Direktzahlungen, die im folgenden Haushaltsjahr von der Kürzung
der Direktzahlungen betroffen sind, erstattet (siehe Abschnitt 4.7).
Neue Anreize und
Rahmenbedingungen sollen bewirken, dass sich die Land- und Ernährungswirtschaft
an der Nachfrage orientiert und auf zukunftsfähige Marktsegmente ausrichtet.
Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der Verhandlungen über eine neue GAP
erfolgreich dafür eingesetzt, derzeit keine EU- Exporterstattungen mehr zu
gewähren. Damit werden EU-Exporte derzeit nicht mehr subventioniert und
EU-Exporte tragen nicht mehr subventionsbedingt zu Wettbewerbsverzerrungen auf
dem Weltmarkt bei.
Die fakultative Anerkennung von
Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden wurde auf weitere
Produktionsbereiche der Landwirtschaft ausgedehnt. Durch solche
Zusammenschlüsse können die Landwirte ihre Marktstellung in der Lebensmittelkette,
die durch starke Konzentration des Lebensmitteleinzelhandels geprägt ist,
verbessern.
Das Instrument der Exporterstattungen soll künftig
nur noch in gravierenden Krisenfällen zur Anwendung kommen.
Die Quotenregelung für Zucker wurde letztmalig bis
zum 30. September 2017 verlängert. Zudem wird ein neues Pflanzrechtesystem
(Autorisierung) zur Regelung der Rebpflanzungen ab 2016 eingeführt, das bis
2030 gelten soll. Die Hopfenerzeugergemeinschaften können in Deutschland
weiterhin spezifisch gefördert werden.
Für alle Produktionssektoren wird ein neuer
Krisenmechanismus eingeführt. Dieser erlaubt es der Europäischen Kommission,
auf Marktstörungen sehr umfassend und sehr flexibel zu reagieren. Dieser Krisenmechanismus
ergänzt das vorhandene Sicherheitsnetz an Marktmaßnahmen (zum Beispiel
öffentliche und private Lagerhaltung). Diese Maßnahmen sollen grundsätzlich
durch die oben dargestellte Krisenreserve finanziert werden.
Mit den
Fördermaßnahmen zur ländlichen Entwicklung durch den ELER, der so genannten
zweiten Säule der GAP, werden wichtige Maßnahmen zur nachhaltigen
Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
der Landwirtschaft und zur wirtschaftlichen Entwicklung ländlicher Räume
finanziert. Die Reformbeschlüsse stellen insgesamt die Kontinuität der
derzeitigen Förderung der ländlichen Entwicklung sicher. Ein wichtiger
Schwerpunkt ist die regionalspezifische Förderung umweltbezogener Maßnahmen
(zum Beispiel Agrarumweltmaßnahmen, Ökolandbau, investive Klimaschutzmaßnahmen
und Ausgleichszulage in Berggebieten und anderen natürlich benachteiligten
Gebieten). Hierfür müssen die Mitgliedstaaten mindestens 30 % des ihnen
zugewiesenen ELER-Finanzvolumens einsetzen.
Die Neuabgrenzung der Gebiete mit naturbedingten
Nachteilen, in denen die Mitgliedstaaten eine Ausgleichszulage für natürliche
Erschwernisse gewähren können, erfolgt auf der Basis von EU-einheitlichen
biophysikalischen Kriterien. Sie wird derzeit erarbeitet und voraussichtlich ab
2018 zur Anwendung kommen. Dabei wird es in Deutschland nicht zu wesentlichen
Verschiebungen der Gebietskulisse kommen. Für aus der Kulisse herausfallende
Gebiete wurden angemessene Übergangsbestimmungen bis Ende 2020 festgelegt.