Projekt Sumpfschildkröte ohne Grenzen

Projekt Sumpfschildkröte ohne Grenzen

Naturobjekte 2015 im Landkreis Germersheim - Teil 1: Reptil des Jahres – Die Europäische Sumpfschildkröte

Jedes Jahr wählen Naturschutzverbände und andere Organisationen Naturobjekte des Jahres. Damit wird auf die besondere Bedeutung oder den Schutzbedarf der ausgewählten Tiere, Pflanzen oder Biotopen hingewiesen. Im Fokus stehen daher oft seltene Arten und unscheinbare oder unbeachtete Naturschönheiten und -besonderheiten.

Naturobjekt des Jahres gibt es auch bei uns im Landkreis. „Im Jahr 2015 gehören dazu u.a. Feldhase, Habicht, Feldahorn und fleischfarbenes Knabenkraut“, so Landrat Dr. Fritz Brechtel, „Die Untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Germersheim setzt sich mit ihrer Arbeit auch für den Schutz dieser Objekte ein. In einer kleinen Serie stellen wir Naturobjekte 2015 vor.“ „Den Auftakt macht das Reptil des Jahres, die Europäische Sumpfschildkröte, die im Landkreis Germersheim über das deutsch-französische Interreg-Projekt „Sumpfschildkröte ohne Grenzen“ bereits besser bekannt geworden ist“, ergänzt der Kreisbeigeordnete Michael Braun.

  • Reptil des Jahres 2015– Die Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis)

    Die Europäische Sumpfschildkröte ist eine Wasserschildkröte und die einzige Schildkrötenart Deutschlands. Aufgrund der historischen Verbreitung und aktueller Vorkommen gehört sie zum Kreis Germersheim, durch das Projekt „Sumpfschildkröte ohne Grenzen“ soll sie am Oberrhein wieder dauerhaft angesiedelt werden.

    Der im Tierreich einmalige Schildkrötenpanzer schützt nicht nur Brust Rücken und Organe der Tiere, sondern dient wie ein „Sonnenkollektor“ auch der Aufnahme von Sonnenwärme, um Energie für ihre Körperfunktionen zu haben. Nur so ist so kann sie Bewegung und Stoffwechsel leisten. Eine aufgewärmte Sumpfschildkröte ist sehr wachsam, scheu und blitzschnell. Bei kühler Umgebung wird sie langsamer, muss dafür aber keine Wärme erzeugen und friert nicht.

    Die Monate November bis März verbringt die Sumpfschildkröte in einer Winterruhe. Dazu verbirgt sie sich reglos eingegraben am Grund eines Gewässers. Sie nimmt keine Nahrung zu sich und reduziert Atmung und Herzschlag auf ein Minimum.

    Die Europäische Sumpfschildkröte stellt hohe Ansprüche an ihren Lebensraum: sandig-lehmige und vor Überflutung sichere Ufer für die Eiablage, sich schnell erwärmende, flache Gewässer mit Wasserpflanzen als geschützte Lebensräume für die Jungtiere, ausgedehnte Wasserflächen für die Nahrungssuche und sichere Sonnenplätze am und im Wasser, aber auch störungsfreie Gewässer zur Überwinterung. All diese Biotope müssen durch kurze Wanderstrecken ohne gefährliche Barrieren erreichbar und für die lange Lebensdauer (bis zu 80 Jahren) der Schildkröte vorhanden sein.

    Als Jungtiere haben die Sumpfschildkröten viele Fressfeinde, z.B. Reiher, Krähen und Elstern, Raubfische wie Wels und Hecht, aber auch Wildschweine, Füchse und Dachse, die die Gelege ausgraben. Auch wildernde Katzen und Hunde stellen ihnen nach. Nur wenige Schlüpflinge schaffen es, ein geschlechtsreifes Alttier zu werden und selbst für Nachkommen zu sorgen. Die jungen Sumpfschildkröten ernähren sich zunächst von kleinen Wasserpflanzen. Je älter und größer die Sumpfschildkröten werden, umso größer werden    auch ihre Beutetiere: Von Wasserschnecken über Insektenlarven bis zu Jungfischen und Kaulquappen wird alles verspeist, was sie erlegen können. Sumpfschildkröten fressen auch Aas, das im Wasser liegt und halten somit ihr Gewässer sauber.

    Versteinerungen und naturkundliche Dokumente zeigen, dass sie in der Oberrheinebene lebten, als der Rhein noch im wilden und dynamischen Lauf Seitenarme mit Überflutungsflächen und Sandbänken inmitten ausgedehnter Auenwäldern bildete. Der Mensch jagte und aß Sumpfschildkröten und ihre Eier wohl schon in der Steinzeit. Bis in die Neuzeit galt die Sumpfschildkröte als beliebte Fastenspeise und wurde gezüchtet und gehandelt. Der Rückgang der Art im Einzugsbereich des Rheins wurde vermutlich durch Klimaschwankungen vor ca. 1.200 Jahren und die kleine Eiszeit von etwa 1540 bis 1850 begünstigt. Daneben waren die großflächigen Zerstörungen der Wasserlebensräume am Oberrhein die größten Beeinträchtigungen.

    Im Rahmen des Projektes „Sumpfschildkröten ohne Grenzen“ wurden neue Gewässer für die Sumpfschildkröte hergestellt und der Lebensraum für die Wiederansiedlung vorbereitet. Über das Zuchtprogramm werden regelmäßig Tiere in das deutsch-französische Projektgebiet an der Grenze bei Neuburg ins Projektgebiet entlassen, um eine Gründerpopulation aufzubauen. „Zusammen mit anderen Wiederansiedlungsmaßnahmen soll es somit gelingen, die Europäische Sumpfschildkröte dauerhaft an den Oberrhein zurückzubringen“, erklärt Uwe Meißner von der Unteren Naturschutzbehörde, „Beobachtungen bestätigen bereits den Erfolg der Maßnahmen.  Auch wenn noch keine Sumpfschildkröten in den Gewässern zwischen Berg und Neuburg zu sehen sind, bietet sie jetzt schon als übergeordnete „Schirmart“ durch die vielfältigen Lebensraumansprüche einer Vielzahl an Pflanzen und Tierarten wie Rohrweihe, Zwergdommel, Purpurreiher, Laubfrosch oder Kammmolch einen geschützten Raum. “Gute Beobachtungsmöglichkeiten bieten sich in Neuburg am Rhein, wo ein Naturlehrpfad mit Beobachtungsplattformen und Thementafeln über die Sumpfschildkröte für die Bevölkerung eingerichtet wurde.

    Aktuelle Flyer und Farbbroschüren über die Europäische Sumpfschildkröte als Reptil des Jahres 2015 sind bei der Unteren Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Germersheim erhältlich.

    Nach mehr als vier Jahren waren die Arbeiten des Interreg-Projekts Anfang 2014 beendet. Das Projekt an der Grenze zwischen dem Landkreis Germersheim (Neuburg/Berg) und Frankreich (Lauterburg) ist eines der bedeutendsten Natur- und Artenschutzprojekte im Landkreis Germersheim, von dem viele seltene und schützenswerte Tier- und Pflanzenarten in den Rheinauen profitieren. In enger Zusammenarbeit des Landkreises Germersheim mit dem Conseil Général du Bas-Rhin und in guter Kooperation mit der Stadt Lauterbourg sowie den Gemeinden Neuburg und Berg wurden die gesetzten Ziele erreicht.

    Hier finden Sie den Flyer zum Projekt (bitte anklicken)

Informationslehrpfad in Neuburg am Rhein

Der Lehrpfad bei Neuburg ist Hauptbestandteil des Informationskonzeptes. Entlang dieser Strecken gibt es fünf Beobachtungs- und Informationseinrichtungen. An Thementafeln können sich Interessierte über die Projektziele und -maßnahmen informieren und werden damit an die besondere Naturausstattung und -vielfalt unserer Auenlandschaft herangeführt.

Hier finden Sie den Lageplan des Lehrpfades entlang der Gewässer bei Neuburg (bitte anklicken) 


Geführte Touren in Kooperation mit dem Naturführer Südpfalz e.V.

Wer nicht auf eigene Faust das Projektgebiet erkunden möchte, der kann sich gerne an die Naturführer Südpfalz e. V. wenden. Die zertifizierten Naturführer Bienwald und Südliche Rheinauen (BANU) zeigen den interessierten Besuchern den besonderen Lebensraum, seine Tiere und Pflanzen und informieren über die Ziele und Inhalte des Interreg-Projektes, d.h. über die Wiederansiedlung der Schirmart Europäische Sumpfschildkröte.  

Hier gelangen Sie zur Seite des Naturführer Südpfalz e.V. (bitte anklicken)

Pädagogischer Rucksack

Einen Rucksack voller Informationen rund um die Sumpfschildkröte und ihren Lebensraum können Schulen und interessierte Gruppen beim Kreismedienzentrum des Kreises Germersheim ausleihen.

Der Inhalt des Rucksacks besteht aus einer Sammlung von pädagogischen Materialien, mit denen Verständnis und Interesse für unsere Auen- und Feuchtlebensräume, deren Lebensgemeinschaften sowie deren Schutz geweckt werden soll. Durch eine spielerisch- naturwissenschaftliche Herangehensweise erkunden Schüler den Lebensraum der Sumpfschildkröte und lernen ihn verstehen. Die verschiedenen Module können in Teamarbeit mal spielerisch oder für den Einsatz am Biotop vor Ort verwendet werden. Angesprochen werden mit dieser Materialsammlung vor allem an Schüler der Klassen 3 bis 6.

Der pädagogische Rucksack kann beim Kreismedienzentrum Germersheim, Schulstraße 4, 76756 Bellheim, Tel.: 07272 - 9598-250 verlangt werden.